Oft werden die Begriffe ADHS und ADS gleichzeitig oder sogar synonym verwendet. Doch was ist überhaupt der wesentliche Unterschied zwischen den beiden Störungsbildern? Dieser Blogpost soll einen Überblick dazu geben.
Grundlegende Gemeinsamkeiten von ADHS und ADS
Sowohl ADHS als auch ADS sind Verhaltensstörungen mit Beginn in der Kindheit, welche sich vor allem durch Aufmerksamkeitsdefizite kennzeichnen. Diese Aufmerksamkeitsdefizite können sich in verschiedensten Alltagsbereichen zeigen. Betroffene von beiden Störungen können sich nur schwer auf Inhalte konzentrieren, welchen sie kein besonderes Interesse entgegenbringen, weisen einen Mangel an Ausdauer bei der Bewältigung von Aufgabenstellungen auf, tagträumen, haben oft Schwierigkeiten in der Organisation, leiden häufig unter Stimmungsschwankungen und können mit Belastungssituationen gegebenenfalls schlechter umgehen als andere Menschen. Des Weiteren können sie ein leicht erregbares Temperament haben und vermehrt impulsiv handeln. Dabei sind die Charakteristika beider Störungsbilder situationsabhängig und zeitstabil.
Die grundlegenden Unterschiede
1. ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung):
Eine ADHS, welche in der internationalen Klassifikation psychischer Störungen (ICD-10) mit dem Code F90.0: einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung klassifiziert wird, zählt diagnostisch zu den hyperkinetischen Störungen. Der zentrale Unterschied zwischen ADHS und ADS wird schon im Namen klar: die Hyperaktivität, auch Aktivitätsstörung. Zusätzlich zu den bereits erwähnten Symptomen von ADHS und ADS tritt bei dieser Störung also eine mangelhaft regulierte, überschießende Aktivität auf. Betroffene erleben eine kontinuierliche innere Unruhe, fühlen sich angetrieben oder übererregt und haben einen stetigen Bewegungsdrang, welchen sie häufig durch ein Trommeln mit den Fingern, das ständige Wechseln der Körperposition oder ein Wippen mit den Füßen zeigen. Zudem haben sie oft ein Problem damit, über eine längere Zeit still sitzen zu bleiben, müssen häufig aufstehen und herumlaufen und können so beispielsweise schlecht am Schreibtisch arbeiten. Außerdem empfinden sie es durch die innere Unruhe häufig als schwer, sich zu entspannen. Zugleich werden die diagnostischen Merkmale der Impulsivität und des leicht erregbaren Temperaments eher mit dem Vorliegen einer ADHS als einer ADS assoziiert. Dies heißt jedoch nicht, dass es ausgeschlossen ist, dass Menschen mit einer ADS diese Symptome aufweisen.
Eine ADHS lässt sich in verschiedene Subtypen unterteilen. Diese Subtypen sind: der vorwiegend unaufmerksame Typus, der vorwiegend hyperaktiv-impulsiver Typus und die Kombination von beidem (“Mischtypus”). Während Menschen mit ADS (Aufmerksamkeitsdefizitstörung) in der Diagnostik zwar (fast) immer den vorwiegend unaufmerksamen Typus aufweisen, ist es wichtig zu erwähnen, dass dieser Typus nicht zwangsläufig auf das Nichtvorhandensein einer Hyperaktivität hinweist. In diesem Fall sind die Probleme der Aufmerksamkeit schlichtweg dominanter, während trotzdem von einer ADHS gesprochen wird. Diese Sachlage zeigt, dass die Symptome von ADS und ADHS fließend ineinander übergehen und der Unterschied vor allem ein klinisch-diagnostischer ist.
2. ADS (Aufmerksamkeitsdefizitstörung):
Wie die obengenannten Punkte implizieren, zeichnet sich eine ADS vor allem durch Aufmerksamkeitsdefizite aus, während mit dieser Störung keine klinisch relevante Hyperaktivität verbunden ist. So wird die ADS in der aktuell gültigen internationalen Klassifikation psychischer Störungen (ICD-10) mit der Kodierung F98.8: sonstige näher bezeichnete Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend – Aufmerksamkeitsstörung ohne Hyperaktivität bezeichnet. Durch die Abwesenheit der Aktivitätsstörung kann es vorkommen, dass eine ADS im Kindesalter weniger häufig erkannt wird als eine ADHS. Die betroffenen Personen haben vor allem Schwierigkeiten, ihre Aufmerksamkeit aufrechtzuerhalten, lassen sich leicht ablenken, können desorganisiert sein und hängen vor allem im Kindesalter sehr häufig ihren Tagträumen nach.
Die Bedeutung der Unterscheidung
Wie bereits erwähnt, gehen die Symptome einer ADS und ADHS fließend ineinander über und es ist wichtig festzustellen, dass die Unterscheidung in erster Linie eine klinische und diagnostische ist. Die Wahl der Diagnose hängt vorrangig von der Ausprägung der Symptome ab. Dabei können Betroffene in beiden Fällen erhebliche Schwierigkeiten im Alltag haben, sei es in der Schule, am Arbeitsplatz oder in sozialen Beziehungen. Psychotherapie, insbesondere kognitiv behaviorale Verhaltenstherapie, kann eine wirksame Behandlungsmethode für Menschen mit ADHS und ADS sein. Bei der individuellen Anpassung der Therapie ist die genaue Diagnose zwar relevant, vor allem sind aber die Bedürfnisse des Einzelnen entscheidend, um therapeutischen Fortschritt zu garantieren.
In unserer Praxis bieten wir eine differenzierte Diagnostik von ADHS und ADS bei Erwachsenen an.
Weitere Informationen zur Diagnostik finden Sie hier:
ADS/ ADHS Sprechstunde